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Was ist ein Betäubungsmittel?

Zu den Betäubungsmitteln zählen bestimmte Arzneimittel, deren Herstellung, Verbreitung oder Besitz gesetzlich beschränkt ist: Sie fallen unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Zu diesen Stoffen zählen vor allem Mittel, die ein hohes Risiko haben eine Sucht auszulösen. Manche Substanzen sind im Rahmen des Gesetzes komplett verboten, etwa LSD. Andere sind verschreibungsfähig, darunter viele Opioide, wie Morphin aber auch Methadon.

Ist ein Medikament betäubungsmittelpflichtig, muss der Arzt oder die Ärztin ein spezielles Rezept ausstellen, das sogenannte „gelbe Rezept“. Es ist nur sieben Tage gültig und mit besonderen Dokumentationspflichten für Medizinerinnen, Mediziner und Apotheken verbunden. Die Abgabe von Alkohol und Nikotin fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Die einzige Einschränkung ist hier, dass sie nur an Erwachsene verkauft werden.

Warum gilt medizinisches Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel?

Seit dem 1. April 2024 fällt medizinisches Cannabis nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz. Grund für die Änderung ist unter anderem die Legalisierung von Genusscannabis: Seit Anfang April kann Cannabis hierzulande zu Genusszwecken in Cannabis-Clubs gekauft werden. Dabei gibt es jedoch zahlreiche Kontrollen und Einschränkungen, etwa in Bezug auf die Herkunft des Produkts und die Weitergabemenge. Auch das Rauchen eines Joints zu Genusszwecken ist mittlerweile legal.

Die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel war und ist umstritten und wurde unter anderem von der Bundesärztekammer, der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker und verschiedenen Parteien abgelehnt. „Doch da die Legalisierung nun gekommen ist, lag auch die Änderung beim medizinischen Cannabis nahe. Denn es wäre unverhältnismäßig gewesen, medizinisches Cannabis weiterhin unter dem Betäubungsmittelgesetz zu belassen“, sagt Dr. Hannes Müller, Mitglied des Vorstands der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA). Er begrüßt es deshalb, dass medizinisches Cannabis nicht mehr unter das BtMG fällt.

Es wäre unverhältnismäßig gewesen, medizinisches Cannabis weiterhin unter dem Betäubungsmittelgesetz zu belassen.

Was bedeutet die Änderung für Patientinnen und Patienten?

Wer medizinisches Cannabis verschrieben bekommt – beispielsweise zur Behandlung von Schmerzen bei Krebs, Nervenschmerzen etwa infolge von Diabetes oder bei Spastiken infolge von Multipler Sklerose – erhält von der Ärztin oder dem Arzt kein gelbes Rezept mehr, sondern ein normales Rezept für verschreibungspflichtige Medikamente. Dieses Rezept kann in der Apotheke bequemer eingelöst werden: Es ist für vier Wochen (Kassenrezept) beziehungsweise drei Monate (Privatrezept) statt nur sieben Tage gültig und es besteht keine Dokumentationspflicht über den Erhalt des Cannabis.

Umgesetzt werden kann die Änderung aus Softwaregründen aber frühestens zum 1. Mai 2024. Solange werden Medikamente mit Cannabis als Wirkstoff weiterhin als Betäubungsmittel ärztlich verordnet werden müssen.

Was ändert sich beim medizinischen Cannabis für die Apotheken?

Die Apotheken hatten die Hauptlast der Bürokratie zu tragen, die mit der Einstufung von medizinischem Cannabis als Betäubungsmittel verbunden war. So mussten die Eingänge, Abgänge und Bestände des Cannabis genau dokumentiert werden. Außerdem war eine Lagerung im Tresor vorgeschrieben. Die Bundesregierung schätzt, dass pro Verordnung fünf Minuten weniger Bearbeitungszeit nötig seien. Auch Dr. Hannes Müller von der ABDA sieht enorme Zeitersparnisse: „Da fällt jetzt eine Menge bürokratischer Aufwand weg, das ist für die Apotheken eine große Erleichterung.“

Ganz unkompliziert wird die Arbeit mit Cannabis dadurch aber nicht. Um die Qualität des medizinischen Cannabis zu gewährleisten, müssen Apotheken weiterhin verschiedene Tests bei der eingegangenen Ware durchführen, unter anderem muss sie mit dem Mikroskop begutachtet werden.

Wird medizinisches Cannabis jetzt öfter oder seltener verordnet?

Für Ärztinnen und Ärzte bedeutet es einen geringeren bürokratischen Aufwand, dass medizinisches Cannabis fortan nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Es gibt daher Schätzungen, dass die Zahl der Verordnungen von Cannabis auf Kassenrezept in Deutschland deutlich steigen könnte – einfach, weil die Schwelle für die Ärztinnen und Ärzte niedriger geworden ist.

Durch den Wegfall der Dokumentationspflicht könnte auch die Zahl der Verschreibungen auf Privatrezept zunehmen: In diesem Fall geht die Patientin oder der Patient mit dem Rezept in die Apotheke und erhält das medizinische Cannabis, muss es aber selbst bezahlen. Auf den ersten Blick könnte dies als Einfallstor für Missbrauch erscheinen. Doch ein solcher Missbrauch dürfte sich in engen Grenzen halten, schätzt Müller: „Cannabis ist ja jetzt ohnehin legalisiert und kann ohne Rezept beschafft werden. Außerdem ist medizinisches Cannabis im Vergleich noch teurer. Wer Cannabis nur zum Genuss konsumieren will, hat andere legale Zugangswege.“